Führungskräfte der mittleren Ebene, vulgo »Sandwichmanager«, oszillieren im permanenten Spannungsfeld zwischen »oben und unten«. Zusätzlich müssen sie auch noch zwischen den harten Zahlen, Daten und Fakten im Unternehmen sowie der Ebene der »soft facts« vermitteln. Bei all der Komplexität und Geschwindigkeit ist ihr Leben ziemlich herausfordernd geworden. Hilft es da, wenn man »resilient« ist?
Resilienz bezeichnete ursprünglich die Fähigkeit eines Materials bei Verformung wieder in die Ursprungsform zurückkehren zu können. Daraus wurde dann im übertragenen Sinn die Widerstandsfähigkeit, Zähigkeit und Standfestigkeit, die Führungskräfte in Zeiten der Dauerkrise dringend brauchen. Es wird wohl kein Zufall sein, dass der Begriff erst seit einigen Jahren so richtig en vogue wurde. Standfestigkeit ist auch ein Schlüsselbegriff für Resilienz im Managementkontext: Gute
Führungskräfte brauchen heute die Fähigkeit von Stehaufmännchen (gendergerecht: natürlich auch »Stehaufweibchen«).
Dieses Spielzeug hat einen so tiefen Schwerpunkt, dass es nur kurz aus dem Gleichgewicht kommt, wenn es angestoßen wird. Wie von allein richtet es sich aber nach kurzem Pendeln wieder auf. Resilienz beschreibt genau dieses Bild: Es ist die Fähigkeit, sich auch in sehr schwierigen Situationen wieder aufzurichten, Krisen zu überstehen und mit den dabei gewonnen Lernerfahrungen zukünftigen Herausforderungen besser begegnen zu können.
Das ist eine immer wichtiger werdende Kernkompetenz von »SandwichmanagerInnen«. Sie sind Mitarbeiter(in) und Vorgesetzte(r) gleichzeitig und liegen im strukturellen Spannungsfeld zwischen den steigenden Anforderungen ihrer Vorgesetzten und den vielen Erwartungen ihrer Mitarbeiter. Oft müssen sie z. B. für die Umsetzung von Aufträgen sorgen, deren Nutzen sie kaum verstehen können, weil sie bei deren Zustandekommen nicht eingebunden waren. Trotzdem sollen sie eine tragende Multiplikatorenrolle in Veränderungsprozessen übernehmen.
Was also tun, um bei all diesen Ansprüchen und Widersprüchen nicht ganz aus dem Lot zu geraten? Auch hier hilft die Stehaufmännchen-Analogie. Einerseits geht es darum, sich selbst Klarheit über die Impulse zu verschaffen, die mich als Führungskraft aus dem Gleichgewicht bringen können. Welche dieser Probleme, die da auf mich einprasseln, sind wirklich in meiner Gestaltungssphäre und auf welche habe ich selbst keinen Einfluss? Diese nur scheinbar triviale Unterscheidung hat ziemlich große Auswirkungen, wie schon Steven Covey, in seinem Buch »7 habits of highly effective people« herausarbeitet.
Es teilt meine Welt nämlich in einen selbstwirksamen, proaktiven Teil, auf den ich sinnvollerweise meine Energien konzentriere, und einen passiven, reaktiven Teil, den ich möglichst klein halten sollte. Statt sich über Dinge zu ärgern, die ich ohnehin nicht ändern kann (Circle of Concern), sollte ich mein Handeln auf das konzentrieren, was in meinem Einflussbereich (Circle of Influence) liegt – der sich dadurch, nach und nach, wie von selbst vergrößert.
Auf der anderen Seite geht es darum, den inneren Schwerpunkt meines höchstpersönlichen Stehaufmännchens zu entdecken. Je gewichtiger dieser ist, desto weniger werden mich externe Krisen aus der Bahn werfen können. Je mehr Lust ich am Finden von Lösungen habe (im Vergleich zum reinen Analysieren von Problemen), je mehr Werteklarheit ich für mich habe und je mehr Sinn ich in meinem Tun erkenne, desto resilienter bin ich gegenüber Krisen von außen. Frei nach V. Frankl könnte man sagen: »Wer als Führungskraft eine persönliche Antwort auf das ›Warum‹ gefunden hat, der erträgt ganz schön viel vom ›Wie‹.«
Kommentar im Report(+)PLUS 12/2014