Digitales Coaching - der neue Trend?

Coaching lebt von dem persönlichen Gespräch. Der Coach geht dabei auf die Reaktionen des Klienten ein und kann vieles anhand der Körpersprache ableiten. Nun gibt es digitales Coaching. Wie soll das funktionieren und hat es wirklich Potenzial für die Zukunft? (Im folgenden lesen Sie Auszüge aus einem Interview in TRAiNiNG im April 2017. Das ganze Interview steht unten zum Download bereit).

  

Herbert Strobl (Inhaber coaching & consulting mit system): »Heutzutage scheint es einfach ›trendy‹ zu sein, dass jede noch so analoge Tätigkeit begrifflich mit dem Label ›digital‹ oder ›4.0‹ oder ähnlichem versehen wird. Das hat wohl vor allem Marketinggründe, um einen Neuigkeitswert zu generieren. Wir sollten aber bedenken, dass auch neue, elektronische Kommunikationsformen letztlich dazu dienen, ganz archaische menschliche Bedürfnisse zu befriedigen.

Auch wenn wir heute den Faustkeil durch Laptop und Handy ersetzt haben, sind wir psychosozial immer noch in der Höhle um das Lagerfeuer versammelt. Unser Großhirn, geschweige denn unser limbisches System, arbeitet alles andere als digital. Facebook und Co. sind am Ende des Tages auch nur dazu da, Befindlichkeiten kund zu tun oder sich Geschichten zu erzählen – nur ist der ›Bassena-Tratsch‹ nun eben digital. Ähnlich ist es beim Coaching, das ja wohl eine äußerst analoge, menschenbezogene Tätigkeit ist: Neben der fachlichen Eignung entscheidet vor allem die ›chemische Passung‹ zwischen Coachee und Coach über den Erfolg eines Coaching-Prozesses. Vertrauen aufbauen, ein nuanciertes Gespür für das Gegenüber entwickeln und die zwischenmenschliche Komplexität ausloten, das kann man immer noch am besten mittels persönlicher Begegnung.

Um nicht missverstanden zu werden, ich bin keinesfalls technikfeindlich: Ich nutze selbst etliche der neuen Kanäle – auch für Einzelcoaching-Settings – allerdings nur, wenn zumindest am Anfang ein physisches Kennenlernen stattgefunden hat. Idealerweise, aber nicht notwendiger Weise, gibt es dann auch immer wieder persönliche

Begegnungen dazwischen.«

 

Herbert Strobl bevorzugt Kommunikation mit Video-Möglichkeiten: »Nachdem ein ›konventionelles‹ Kennenlernen stattgefunden hat, lassen sich Coaching-Einheiten auch virtuell

durchführen, dabei sollten jedoch vorzugsweise Kanäle eingesetzt werden, die auch einen Sichtkontakt ermöglichen, also mit einer Videofunktion. Mimik und Gestik haben nun einmal eine wichtige Kommunikationsfunktion in der Gesamtwirkung. Darüber hinaus erlaubt es auch das Arbeiten mit Bildern, das Zeigen spontan angefertigter Skizzen oder Ähnlichem. Über Skype, WhatsApp etc. lassen sich z. B. auch gut Unterlagen zur Nachlese übermitteln. In jedem Fall ist es essenziell, dass es eine stabile und schnelle Internetverbindung gibt – das ist die conditio sine qua non – damit digitales Coaching überhaupt wirken kann.«

 

Herbert Strobl: »Klassische Business-Coaching- Themen wie Führungsthemen, Fragen der persönlichen Strategie in bestimmten Situationen im Büro oder der Reflexion von Projektentwicklungen lassen sich ohne Weiteres auch in einem digitalen Setting bearbeiten, sofern die erwähnten Grundbedingungen erfüllt sind. Je emotionaler der persönliche Bezug eines Coachees zu einem bestimmten Thema ist, desto schwieriger wird Coaching aus der Distanz: Einem Coachee, der 5 000 km entfernt in Tränen aufgelöst einen Mobbing-Vorfall schildert, wird virtuell weniger leicht beizustehen sein, als einem Klienten, der sich physisch im selben Raum wie der Coach befindet.

Nachdem Coaching-Gespräche bekanntlich immer ergebnisoffen und voller überraschender Wendungen sind, ist es schwierig, im Vorfeld eine Themenauswahl für ein gutes

Coaching-Gespräch über den Äther mit Bestimmtheit zu benennen. Hier hilft am ehesten ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen den beiden Protagonisten, das gegebenenfalls auch ein offen deklariertes Verschieben eines Themas in eine physische Einheit zulässt.«

Interview in TRAiNiNG Report(+)PLUS 04/2017

 

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Interview in TRAiNiNG 04/2017
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Im Interview mit TRAiNiNG 04/2017
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