Warum ein Kickstart durch »Teamentwicklung ex-ante« wirksamer und zusätzlich kostengünstiger ist als ein sonst eher üblicher »Team-Reparaturversuch ex-post«.
Teams sind das funktionale Rückgrat fast jeder Organisation und haben in Summe einen eminenten Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens. Unternehmen wünschen sich Hochleistungsteams, die kundig, engagiert und selbst organisiert die ihnen übertragenen Aufgaben erledigen. Ist es da eigentlich nicht sehr erstaunlich, dass man es mehr oder weniger dem Zufall überlässt, ob sich nach der Konstituierung als Team gute, arbeitsfähige Teamstrukturen entwickeln können?
Falls es mit der Teamwerdung dann offensichtlich doch nichtso gut geklappt hat und das Team irgendwann in Konflikten nach innen und außen feststecken sollte, werden konventionellerweise eilig Teamtrainings, Outdoor-Team-Building-Maßnahmen, Problemlösungs-Workshops oder Ähnliches geordert. In vielen Fällen sind diese Feuerwehraktionen jedoch eine ziemliche Ressourcenverschwendung, wenn man sich die ungewissen, langfristigen Erfolgsaussichten dieser punktuellen Reparaturmaßnahmen vor Augen führt. Darüber hinaus ist es eine Binsenweisheit, dass Scherben, die schon einmal gekittet wurden, nicht mehr so gut halten wie das Original
Prävention
»Teamentwicklung ex-ante« hat dem gegenüber keinen kurativen, sondern einen präventiven Leitgedanken. Vereinfacht gesagt geht es beim »Team Building ex-ante« quasi um eine Art Schutzimpfung gleich am Anfang und nicht um eine komplizierte und ergebnisunsichere Behandlung, wenn der Patient schon schwer krank ist. Gerade wenn Teams neu aufgestellt werden, ist ein idealer Zeitpunkt, belastbare und gut funktionierende Teamstrukturen auf Schiene zu bringen, und das mit relativ geringem Aufwand. Diese natürlichen Startpunkte, die auch »Wiederherstellungszeitpunkte« sein
können, gibt es ganz besonders bei Umstrukturierungen und Change-Prozessen oder wenn wichtige Teammitglieder wechseln bzw. neue dazukommen. Oft ist gerade in diesen Zeitfenstern die persönliche Verunsicherung besonders groß. Das stellt für viele eine kritische Weggabelung dar und ist gleichzeitig auch eine optimale Chance für einen guten (Neu-)Beginn.
Hochleistungsteams
Wenn sich Teams neu formieren, werden im Innenverhältnis wichtige psychosoziale Weichen gestellt, die für die Kooperationsfähigkeit und für die Teameffizienz insgesamt entscheidend sind. Werden diese Weichen gleich richtig gestellt und sind sie gut geölt, ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass der Zug in die richtige Richtung rollt – ähnlich dem Priming-Effekt in der Psychologie. Natürlich werden auch hier
nachträgliche Kurskorrekturen zu den Themen, die das Team selbst, seine Aufgaben, seine Prozesse
und Strukturen betreffen, immer wieder notwendig werden. Sie gelingen dann aber schneller und leichter, weil ein gemeinsames Grundverständnis über Ziel, Sinn und Identität im Team bereits vorhanden ist. Dazu dient ein möglichst frühzeitiges Teamcoaching, das von Anfang an nach innen stabilisiert. Belastbare und handlungsfähige Teamstrukturen können rascher entstehen und durch einen geordneten Teamwerdungsprozess sind die Schienen für ein Hochleistungsteam der Zukunft gelegt. All das bei minimalem Aufwand und jenseits aller sozialromantischen Überlegungen. Es handelt
sich eher um eine Investition, ähnlich dem Aufbau einer Marke: Der Nutzen ist zwar abstrakt, aber der Effekt ist spürbar, und zwar nach innen und außen.
Echte Hochleistungsteams sind weder selbstverständlich, noch entstehen sie wie von ganz allein. Dazu bedarf es der notwendigen Bedingung (die für sich allein aber noch nicht hinreichend ist), dass sich die Menschen in einem Team wertschätzen und einander vertrauen. Das ist keinesfalls Ausdruck von »Gutmenschendenken«, es ist vielmehr eine Conditio sine qua non für effizientes Zusammenarbeiten. Das hat uns die Hirnforschung schon vielfach bewiesen.
Differenzieren kommt vor Integrieren
Üblicherweise kommt es in Unternehmen vor allem dann zu einem Team-Workshop, wenn die latenten Spannungen schon unerträglich sind oder wenn offen ausgetragene Konflikte die Zusammenarbeit weitgehend blockieren. Dann soll das Problem gefunden, analysiert und möglichst beseitigt werden. Oft genug läuft das auf eine Symptombehandlung in scheinbaren Sachfragen hinaus, z. B. nicht funktionierende Strukturen oder Prozesse. Damit beschäftigt man sich vorrangig mit der Spitze des Eisbergs, obwohl Eisberge bekanntlich immer zuerst unterhalb der sichtbaren Wasserlinie zusammenstoßen.
Auch beim Teambuilding ex-ante muss man immer mit den ganz konkreten Aufgaben, Prämissen und Rahmenbedingungen des jeweiligen Teams arbeiten, aber man geht mit dem Team möglichst frühzeitig und bewusst in eine Metaperspektive. Vorrangiges Ziel ist es, sich zuerst einmal wertschätzend als Mensch kennenzulernen. Es gilt: »Differenzieren kommt vor Integrieren! « Das heißt, es geht am Anfang darum, die vorhandenen individuellen Unterschiede im Team in einer für alle nachvollziehbaren und wertschätzenden Art und Weise bewusst und als Ressource sichtbar zu machen. Damit ist nicht nur eine wichtige Basis für gelingende Kooperation geschaffen, man kann für die Zukunft auch eine ständige Quelle für Missverständnisse und Konflikte relativ leicht in den Griff kriegen.
Damit verwoben werden grundsätzliche Fragen der Kooperation angesprochen. Es ist wichtig, dass Einvernehmen im Team über die vorhandenen Rahmenbedingungen geschaffen wird und dass klare, innere Spielregeln gemeinsam definiert werden. Das, was »Teamkultur« konkret bedeutet, muss von Anfang an »besprechbar « gemacht werden: Wie soll bei uns das Geben und Nehmen von gutem Feedback ausschauen? Woran werden wir das Entstehen von Konflikten frühzeitig erkennen und welche
Regeln wollen wir uns dann geben, damit sie nicht weiter unnötig eskalieren? Was heißt Selbstorganisation für uns konkret? Wie machen wir uns die aktuelle Teamkultur überhaupt bewusst und sind wir damit zufrieden bzw. welche Veränderungsmöglichkeiten haben wir an der Hand?
Insgesamt geht es um die Evolution eines gemeinsamen Zielbilds im Team, auf das sich alle auch später wieder beziehen können und das einen Rahmen für die konkrete Form einer guten Zusammenarbeit ergibt. Potenzielle Problembereiche werden in diesem Prozess zwar so weit wie notwendig aktiv adressiert, vor allem aber müssen in einer lösungsfokussierten Art und Weise so viele Team-Ressourcen wie nur möglich sichtbar gemacht werden. Das schafft die notwendige, weiche Basis, damit es wirklich möglich ist, an den drängenden, harten Sachthemen, für die das Team zuständig ist, konstruktiv arbeiten zu können.
Fazit
Ein ex-ante Teambuilding beruht in seinem Kern auf einem professionellen Teamcoaching, das zuerst die Teamfunktionalitäten im Grundsätzlichen anspricht. Das ist der Nährboden, auf dem sich jedes andere zukünftige Thema im Team schneller und besser entwickeln kann. Mit einer geringen Investition am Anfang erreicht man indirekt eine enorme Hebelwirkung in Richtung unternehmerischer Produktivität und persönlicher Zufriedenheit der Teammitglieder.
Artikel in TRAiNiNG 02/2015